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Phantasmagorien aus den unaussprechlichen Abgründen des Wahnsinns

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    Ice Cream Man
    USA 1995 - Directed by Norman Apstein (= Paul Norman)



    Im schwarzweiß gehaltenen Prolog wird der kleine Gregory (Matthew McCurley) Zeuge, wie sein geliebter "Ice Cream King" (Cole S. McKay) vor seinen Augen hingerichtet wird. Während er geschockt vor der Leiche steht, eilt seine besorgte Mutter herbei, um ihn zu trösten. Vergebens. "Who's gonna bring me ice cream, mommy?", meint der traumatisierte Junge. Viele Jahre später. Gregory Tudor (Clint Howard) ist nun selbst Eisverkäufer und gondelt mit seinem Wagen die Straßen einer idyllischen Vorstadt rauf und runter, um die Kinder mit der kalten Köstlichkeit zu versorgen. Nach langem Aufenthalt in der Wishing Well Nervenheilanstalt wurde er als geheilt entlassen und lebt nun im heruntergekommenen Gebäude des Eiskönigs, wo er die verschiedenen Eissorten selbst herstellt. Gleich nebenan wohnt die mittlerweile pensionierte Nurse Wharton (Olivia Hussey), die ein Auge auf ihren Lieblingspatienten hat. Was der schrulligen alten Dame jedoch entgeht... Gregory ist völlig irre! In seinem Eiswagen haben es sich Mäuse und Kakerlaken gemütlich gemacht, Leichenteile liegen herum, er haßt ungezogene Kinder, und weder seine krächzende Stimme noch sein verkniffener Gesichtsausdruck verheißen Gutes. Als ihm die Rocketeers, eine kleine Gruppe Kinder, auf die Schliche kommen und hinter ihm her spionieren, dreht der Verrückte komplett durch. "You little turds are gonna have to learn, you can't run from the ice cream man!"

    Obwohl nicht wirklich gelungen und etwas unbeholfen zwischen zwei Stühlen sitzend, ist Ice Cream Man dennoch aus mehreren Gründen beachtenswert. So ist der Streifen der einzige Nicht-Porno des versierten Hardcore-Regisseurs Paul Norman (Edward Penishands), der ihn nach einem Skript von David Dobkin (Shanghai Knights) und Sven Davison für geschätzte zwei Millionen Dollar in Kalifornien herunterkurbelte. Während im Zentrum des Geschehens die durchgeknallte Titelfigur und die mutigen Kids, die es mit ihm aufnehmen, stehen, tummeln sich an Nebenschauplätzen einige bekannte Gesichter bzw. Namen. Als gestrenger Mann Gottes ist David Warner (The Omen) zu sehen, die ermittelnden Cops werden von Jan-Michael Vincent (Airwolf) und Lee Majors II (der Sohn von Lee Majors, wer hätte das gedacht?) gespielt, Olivia Hussey (Black Christmas) gibt, wie bereits erwähnt, eine Krankenschwester im Ruhestand, und als Eltern eines der Helden sind David Naughton (An American Werewolf in London) und Sandahl Bergman (Conan the Barbarian) mit von der Partie. Der Star der Show ist jedoch zweifellos Clint Howard (Evilspeak), dem endlich mal wieder eine Hauptrolle anvertraut wurde. Und diese Gelegenheit ließ sich der 1959 geborene Mime mit den ungewöhnlichen Gesichtszügen nicht entgehen. Howard drehte mächtig auf. So mächtig, daß man keine einzige Sekunde seines mit Gusto zelebrierten (Over-)Actings missen möchte.

    Der Film selbst ist ein halbgarer Mix aus Jugendabenteuer, Komödie, Psychohorror und Slasher, der ganz passabel unterhält, wenn man seine Ansprüche nicht sonderlich hochschraubt. Spannung kommt selten auf, die Morde sind von der eher harmloseren Sorte, Klischees gibt es en masse, und da die meisten der Protagonisten nicht wirklich sympathisch sind, reißt einen das Geschehen auch kaum mit. Allerdings versüßen die Macher ihren Film mit so mancher schräger bzw. makabrer Idee, was für ein paar denkwürdige Momente sorgt. So läßt Gregory zwei abgetrennte Köpfe miteinander reden, indem er sie wie Bauchrednerpuppen bedient. Einem Polizisten klatscht er ein zermantschtes Auge als Leckerli auf sein Eis, was dieser dann so nichtsahnend wie genüßlich verspeist. Der Besuch des Wishing Well Sanatoriums zwecks Recherche ist ein echtes Highlight und verdammt creepy, wird aber noch von einer bizarren Sequenz übertrumpft, die sich förmlich ins Gedächtnis brennt, nämlich Gregorys Hausbesuch bei einer Dame, mit einem irren Grinsen im Gesicht und einer riesigen Waffel in der Hand, in der sich anstelle einer Eiskugel der abgetrennte Kopf ihres Liebhabers befindet. Es sind abgefahrene Ideen wie diese, die Ice Cream Man trotz seiner vielen Schwächen sehenswert machen. Und über allem thront Clint Howards Tour-de-Force-Performance mit so schönen Wortspenden wie "But I'm the Ice Cream Man. I make children happy!" und "You're ice cream!"
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      The Devil Bat
      (Killer Bats)

      USA 1940 - Directed by Jean Yarbrough



      Tommy Heath: "That feels great... very soothing."
      Dr. Paul Carruthers: "I don't think you'll ever use anything else."


      Konnte sich der unvergessene Bela Lugosi in seiner Paraderolle als blutsaugender Graf in Tod Brownings Vampirklassiker Dracula (1931) noch selbst in eine Fledermaus verwandeln, so züchtet er als finsterer Wissenschaftler im neun Jahre später entstandenen The Devil Bat diese süßen Tierchen, um mit ihrer Hilfe eine perfide Rache zu vollziehen. Dr. Paul Carruthers (Lugosi) fühlt sich nämlich hintergangen. Vor Jahren hat er einige geniale Formeln für Parfüme und Rasierwasser entwickelt, doch anstatt sich am aufstrebenden Unternehmen zu beteiligen, ließ er sich mit schlappen zehntausend Dollar abspeisen, während seine Kumpane Martin Heath (Edmund Mortimer) und Henry Morton (Guy Usher) ein Vermögen scheffelten. Daß er sich damals selbst für das schnelle Geld entschieden hatte, ist nun natürlich sekundär. Schuld sind halt immer die anderen. Und deshalb will der von Rachegelüsten überwältigte Mann alle tot sehen, Heath, Morton, deren Söhne (Gene O'Donnell, Alan Baldwin, John Ellis) bzw. Töchter (Suzanne Kaaren). Der Plan ist so genial wie einfach: Er bringt seine potentiellen Opfer dazu, sein ganz spezielles, eigens zu diesem Zwecke entwickelte Rasierwasser aufzutragen, nur um wenig später seine scharfzahnige Riesenfledermaus ("Tonight you have work to do!") loszulassen. Die fliegt nämlich auf den Geruch, stürzt sich auf die ahnungslosen Menschen und zerbeißt ihnen die Halsschlagader. Ein wunderbar ausgeklügelter Plan, so realitätsnah, daß er nur in billigen Filmen wie diesem hier funktioniert.

      Jean Yarbroughs The Devil Bat ist einer dieser drolligen Mad-Scientist-Heuler, wie es sie in den 1940er- und 1950er-Jahren zuhauf gab. Die gefällige Mischung aus Krimiplot, Rachethematik, Science-Fiction-Mumpitz und (Tier-)Horror erinnert so stark an die kultigen Silber Grusel-Krimi-Heftromane, daß es mich nicht überrascht hätte, wenn sich der Held der Geschichte, der lässige Zeitungsreporter Johnny Layton (Dave O'Brien), am Ende als Larry Brent herausgestellt hätte. Lustigerweise bekam es der von Jürgen Grasmück - unter seinem Pseudonym Dan Shocker - erfundene PSA-Agent in seinem legendären ersten Fall Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus (erschienen im August 1968, als Nr. 747 der Reihe Silber-Krimi) ebenfalls mit einer großgezüchteten Riesenfledermaus zu tun. Allerdings waren die Hintergründe für das blutige Wirken des Tieres andere. Hier geht es einzig und allein um Vergeltung. Die Attacken des Viehs sind wenig spektakulär. Man sieht, wie die Fledermauspuppe in einer schönen Kurve durch die Luft pflügt, es erfolgt ein Gegenschnitt auf das ahnungslose Opfer, dann saust das Biest auch schon in die Arme des Schauspielers, der es geschickt fängt und es so aussehen läßt, als würde ihm das Tier an die Gurgel gehen und er sich verzweifelt dagegen wehren, bevor er schließlich leblos zu Boden sinkt und die teuflische Fledermaus zum Onkel Doktor zurückkehrt. Die Angriffe sind kein bißchen realistisch, aber sie sind zumindest nett anzuschauen und sie haben Charme.

      Außerdem hat die Devil Bat zwei Gesichter. In den Totalen ist die Kreatur eine wenig bewegliche, aber herzallerliebste Attrappe, bei den Nahaufnahmen verwandelt sie sich dann plötzlich in ein niedliches, quicklebendiges Tierchen. Die Attraktion des angestaubten Filmes ist jedoch nicht das titelgebende Monster, sondern der irre Wissenschaftler, der es für seine üblen Zwecke mißbraucht, genial verkörpert von Bela Lugosi. Der war einmal mehr enthusiastisch bei der Sache und verleiht seiner Figur einen diabolischen Charme, ohne allzu dick aufzutragen. Sein Dr. Carruthers ist ein charismatischer Schurke, hinter dessen sanfter und freundlicher Fassade sich wahnhafte und mörderische Abgründe auftun. Seine verschlagenen Blicke, sein hinterlistiges Grinsen und seine süffisanten Wortspenden ("Your brain is too feeble to conceive what I have accomplished in the realm of science!") sind Gold wert. Eine sehr launige Performance des Kultschauspielers. Der Rest der Cast kommt gegen seine gewaltige Präsenz nicht an. Donald Kerr, Laytons Photograph, ist die undankbare (und nervende) Aufgabe zugefallen, für etwas Comic Relief zu sorgen, und die hübschen Frauen sind kaum mehr als schmückendes Beiwerk. Der formelhafte, arg vorhersehbare Film plätschert spannungslos dahin, bis es dann kommt, wie es einfach kommen muß: Die ausgenutzte Kreatur wendet sich gegen ihren Schöpfer. Könnte man sich ein passenderes Ende für diesen herrlich abstrusen, comichaft-schundigen Schlocker vorstellen?
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        Night of the Demons
        USA 2009 - Directed by Adam Gierasch



        Im Jahre 1925 trugen sich im Broussard Family Mansion in New Orleans schreckliche Dinge zu, die mehreren Menschen das Leben kosteten. Unter den Opfern befand sich auch die Hausherrin Evangeline Broussard (Tatyana Kanavka), die auf spektakuläre Weise Selbstmord verübte. 85 Jahre später. Die extravagante Angela (Shannon Elizabeth, American Pie) schmeißt im leerstehenden Broussard-Anwesen eine große Halloween-Party, welche die Massen zu einer wilden Nacht voller Alkohol, Drogen, Tanz, Flirts und Sex anlockt wie die Motten das Licht. Das ausgelassene Feiern findet allerdings ein jähes Ende, als die Polizei die Party crasht und die Leute aus dem Haus scheucht. Eine Handvoll Partygäste kehrt jedoch wenig später zurück, um in kleinerem und intimerem Rahmen weiter zu feiern. Neben Angela sind da die heißen "Kätzchen" Suzanne (Bobbi Sue Luther, Laid to Rest) und Lily (Diora Baird, The Texas Chainsaw Massacre: The Beginning), die scharfen Jungs Jason (John F. Beach) und Dex (Michael Copon), die süße und nette Maddie (Monica Keena, Freddy vs. Jason) sowie ihr Ex-Freund, der Drogendealer Colin (Edward Furlong, Terminator 2: Judgment Day). Nachdem sie im Keller des Hauses einige mumifizierte Leichen entdecken und sich Angela in einem Anflug von Übermut an den Zähnen einer davon verletzt, gewinnt die Party rasant an Schwung, aber auf eine Weise, die sich die Jungs und Mädels in ihren gräßlichsten Alpträumen nicht schlimmer hätten ausmalen können.

        Adam Gieraschs (Fertile Ground) gelungenes Remake von Kevin Tenneys Night of the Demons (1988) kostete mehr als achtmal so viel wie das Original (Inflation nicht berücksichtigt), sieht aber paradoxerweise wesentlich billiger aus. Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen... Ich erachte die Neuverfilmung als gelungen, weil sie den Geist des Originals weitgehend einfängt und nicht, weil sie so gut (im Sinne von qualitativ hochwertig) geworden wäre. Denn das ist der Streifen gewiß nicht! Insofern ist das nur konsequent, schließlich ist auch das populäre Original nicht wirklich gut. Beide sind anspruchslose, dämonenverseuchte Partyhorrorfilme, die den Fans einen netten, spaßigen Abend bescheren wollen. Und bei mir wurde exakt das auch erreicht, in beiden Fällen. Das Remake greift einige Motive von Tenneys Vorlage auf, spielt mit ihnen und variiert sie, wobei manche Erwartungen bedient, andere wiederum unterlaufen werden. Dennoch ist der Streifen kein plumper Abklatsch, und dank der eigenen Ideen, welche die Drehbuchautoren Jace Anderson und Adam Gierasch ins Skript eingearbeitet haben, fühlt er sich sogar recht eigenständig an. Zum Beispiel wurde der dünne, altbekannte Plot in eine Hintergrundstory eingebettet, die Figuren unterscheiden sich von jenen des Originals, der Schauplatz ist ein anderer, es gibt ein sicheres Zimmer im Haus, das für die Dämonen, die gewissen Regeln unterliegen, tabu ist, und darüber hinaus verabscheuen die Höllenwesen Rost.

        Das berühmteste Set-Piece des Originals - die berüchtigte Lippenstift-Szene - bekommt hier nicht nur ein nettes Update verpaßt, es wurde auch um ein entscheidendes Quäntchen erweitert. Linnea Quigley, die Scream Queen, die damals so unkonventionell mit dem Schmink-Utensil hantierte, hat übrigens einen amüsanten Cameo-Auftritt, wo sie einer prägnanten Sequenz des Originals stilecht im Ballerina-Outfit die Ehre erweist. Anstelle von Amelia Kinkade darf nun Shannon Elizabeth als Angela einen sexy Tanz aufs Parkett legen, ansonsten gibt es viele Brüste (meist hübsch verpackt) zu bestaunen, es wird schamlos rumgemacht, und ein wenig Sex darf natürlich auch nicht fehlen, wobei sich ein Pärchen während des Ficks in Dämonen verwandelt. Eine nette Idee, welche in abgewandelter Form bereits in Joe Dantes The Howling (Das Tier, 1981) vorkam. Und wo wir schon beim "Szenenklau" sind: Der Einfluß von Sam Raimis Kultklassiker The Evil Dead (Tanz der Teufel, 1981) ist hier noch offensichtlicher als bei der ersten Dämonennacht von 1988. Man denke etwa an die ein Eigenleben führenden Wurzeln oder die Falltür in den Keller. Unterlegt ist das kurzweilige Direct-to-DVD-Gemetzel mit jeder Menge Indie-Rockmusik (u. a. von (unbekannten) Bands wie Haunted Garage, The Barbarellatones, Goatwhore, Swingin' Neckbreakers, The Ghastly Ones, The Death Riders, deadbyday, Psycho Charger, Concrete Blonde und Creature Feature), was der Partystimmung durchaus zuträglich ist.

        Von der Cast stechen Shannon Elizabeth mit ihrer sehr launigen Performance und Monica Keena mit ihrer sexy aber toughen Ausstrahlung hervor, wobei von Anfang an klar ist, daß letztere es als Final Girl in den großen Showdown schaffen wird. Horror-Babe Tiffany Shepis (The Hazing) ist auch mit dabei; leider ist ihre Rolle kaum der Rede wert. Da eine Figurencharakterisierung nicht vorhanden ist und darüber hinaus schauspielerische Magerkost geboten wird, fällt es naturgemäß schwer, für die Twenty-Somethings so etwas wie Sympathie aufzubringen. Immerhin sind die Darbietungen für diese Art Film ausreichend, und die Mädels sind allesamt easy on the eye, was man(n) gerne auf der Habenseite verbucht. Gewöhnungsbedürftig ist der Look des Streifens. Einerseits sieht das alles recht schick, flashy und hip aus (ein krasser Kontrast zum sepia-farbenen Prolog im Stummfilmstil), andererseits wirkt es jedoch auch sehr billig, platt und seelenlos. Das trifft leider Gottes auch auf die Spezialeffekte zu. Der CGI-Anteil ist sehr hoch, was dazu führt, daß die an und für sich recht phantasievoll konzipierten Make-Up-FX steril und kraftlos erscheinen. Es mangelt ihnen nicht nur an Impact, sondern auch an Charme. So nett das alles gemacht ist, es hinterläßt wenig Eindruck und ist bald wieder vergessen. Doch selbst wenn hinterher kaum etwas hängen bleibt, Night of the Demons hat mich gut unterhalten. Und für die augenzwinkernd servierte Schlußszene vergebe ich sogar einen extra Sympathiepunkt.
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          Dawn of the Mummy
          (Die Mumie des Pharao / Die Rache der Mumie)

          USA 1981 - Directed by Frank Agrama



          Mumien haben es nicht leicht. Eine vertrocknete, hirnamputierte, in Bandagen gehüllte Kreatur, die auf der Suche nach Opfern elendig langsam durch die Gegend schlurft, das ist nicht unbedingt der Stoff, aus dem Alpträume gemacht sind. Würde die Mumie noch zur Schule gehen, ich bin mir sicher, sie würde von ihren Mitschülern, die den Gattungen Vampiren, Werwölfen, Geistern und Zombies angehören, brutal gemobbt werden. Selbst Frankensteins Monster würde beim Anblick der Mumie vermutlich Tränen lachen. So ähnlich dachten wohl auch Frank Agrama und seine Co-Drehbuchautoren Daria Price und Ronald Dobrin, als sie im Jahre 1980 ihr eigenes Mumien-Projekt anpackten. Und deshalb stellten sie ihrer Mumie eine Horde Zombies unterstützend zur Seite, die sich blutig durch die Cast fressen konnte. Ein Schelm, wer da denkt, sie würden fröhlich auf den von George A. Romero mit Dawn of the Dead (Zombie, 1978) ins Rollen gebrachten Zombie-Zug aufspringen. Ihren dreisterweise Dawn of the Mummy betitelten Film rettete diese Idee jedoch nicht, hat der qualitativ doch weit mehr gemein mit Andrea Bianchis Über-Baddie Le Notti del terrore (Die Rückkehr der Zombies, 1981) als mit Romeros Genre-prägenden Zombie-Epos.

          Im Mittelpunkt des Filmes steht eine kleine Gruppe amerikanischer Dumpfbacken, die zwecks Foto-Shooting für ein renommiertes Modemagazin nach Ägypten reisen. Dort stolpern sie zufällig über die Grabstätte des bösen Pharaos Safiraman, der vor etwa fünftausend Jahren das Zeitliche segnete und samt seinen Anhängern in einer geheimen Zeremonie bestattet wurde, auf daß er eines Tages triumphal zurückkehren möge. Daß unweit seiner Ruhestätte Leichenteile im Wüstensand liegen, ein nervöser Wächter das Feuer auf sie eröffnet und ein blonder "Archäologe" namens Rick (George Peck) gerade dabei ist, mit seinen Kumpanen die Gruft zu plündern, hält unsere "Helden" nicht davon ab, wie ein geisteskranker Hornissenschwarm in die Grabkammer einzufallen, um dort ihre Fotos zu schießen. Dies nimmt der Pharao prompt zum Anlaß, seine Totenruhe zu beenden, und zusammen mit seiner treuen Gefolgschaft macht er Jagd auf alles, was seinen Weg kreuzt. Die Grabräuber, die Models oder die Bewohner der nahegelegenen Stadt, nichts und niemand ist vor seiner Rache sicher. Und so werden bald Hälse zerbissen, Kehlen zugedrückt, Gedärme aus Leibern gerupft, und ein Fleischer bekommt gar sein eigenes Hackebeil zu schmecken.

          Obwohl Dawn of the Mummy eine amerikanische Produktion ist, die überwiegend in Ägypten gedreht wurde, fühlt sich der Film sehr europäisch, um nicht zu sagen italienisch an. Es sind nicht nur die talentlosen Knallchargen, die sich als Schauspieler versuchen und kläglich scheitern, nicht nur der akzeptable Synthesizer-Score von Shuki Levy, der die Vorgänge akustisch versüßt, und nicht nur die paar stimmungsvollen Zombie-Sequenzen, die auch in einem Fulci-Klassiker nicht völlig out-of-place gewirkt hätten, sondern es sind vor allem die trashig-billigen Masken, die recht saftigen Gore-Effekte und natürlich die Art und Weise, wie diese in Szene gesetzt wurden, welche für dieses angenehm käsige Spaghetti-Horror-Flair sorgen. Wenn man berücksichtigt, daß das Makeup-Design von Maurizio Trani (Zombi Holocaust, Quella villa accanto al cimitero, Wild beasts - Belve feroci) stammt, dann ist das auch gar nicht so verwunderlich. Tranis Arbeit ist zwar nicht gerade spektakulär (Pharao Safiraman hätte sich z. B. schon etwas mehr verdient als eine Ekelfresse der Marke "vergammelte Pizza"), kann sich aber durchaus sehen lassen. Und der Gore-Anteil ist hoch genug, um auch Fans der härteren Gangart zufrieden zu stellen.

          Leider dauert es lange, bis das große Gemetzel endlich beginnt, und so richtig rund geht es erst in den letzten zwanzig Minuten. Bis dahin geschieht nicht viel Erwähnenswertes. Man kann sich natürlich an George Pecks unfaßbarem Over-Acting ergötzen (der Typ dreht auf, als gelte es, die Weltmeisterschaft im Grimassieren zu gewinnen), die hirnrissig belanglosen Dialoge respektive die zum Himmel schreiende Dummheit der Figuren abfeiern (da ist echt einer blöder als der andere), sich an den exotischen Landschaften und Schauplätzen erfreuen, die vermoderten Zombies bestaunen (so man sie im Dunkeln denn erkennen kann), welche sich in Zeitlupe aus ihren sandigen Flachgräbern schälen (die mit Abstand beste und stimmungsvollste Sequenz des Filmes) oder auch einfach nur die Mumie anfeuern, auf daß sie doch endlich erwachen und all die Idioten von ihrem Elend erlösen möge. Wie man es auch dreht und wendet, Dawn of the Mummy ist kein guter Film und darüber hinaus ist er - über weite Strecken - eine sehr langatmige und wenig aufregende Angelegenheit. Das gorige Finale rettet, was zu retten ist, was aber nichts daran ändert, daß bei diesem leidlich unterhaltsamen Mumien-/Zombie-Quatsch wohl nur Bad-Movie-Fans auf ihre Kosten kommen.
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            Corpse Eaters
            Kanada 1974 - Directed by Donald R. Passmore & Klaus Vetter



            Als im Jahre 1968 ein kleiner, unabhängig produzierter Schwarzweiß-Film namens Night of the Living Dead (Die Nacht der lebenden Toten), für wenig Geld von einem gewissen George A. Romero in Pennsylvania gedreht, die Lichtspielhäuser und die Drive-In-Kinos unsicher zu machen begann, konnte noch niemand ahnen, daß sich dieses Werk als eines der Einflußreichsten der Horrorfilmgeschichte herausstellen sollte. Der Streifen prägte nicht nur das (grausige) Bild des modernen Zombiefilmes, er pushte ihn auch in eine Richtung, der er heute, mehr als fünfzig Jahre später, noch immer folgt, mal schlurfend, mal torkelnd, mal stolpernd, mal laufend, aber immer zielstrebig. Der Erfolg von Night of the Living Dead rief natürlich Nachahmer auf den Plan, die das so einfache wie geniale Konzept kopierten und variierten oder die Thematik in einen gänzlich anders gelagerten Plot integrierten. Children Shouldn't Play with Dead Things (1972), behauptete etwa Bob Clark, während Amando de Ossorio in Spanien im selben Jahr La Noche del terror ciego (Die Nacht der reitenden Leichen) anbrechen ließ, welche ein paar Sequels und Rip-Offs nach sich zog. Seinen ungezogenen Kindern ließ Bob Clark 1974 Dead of Night (Dead of Night - Nacht des Terrors) folgen, und Jorge Grau entführte uns mit Non si deve profanare il sonno dei morti (1974) in Das Leichenhaus der lebenden Toten, das später gar zur Invasion der Zombies führte. Nicht unerwähnt bleiben sollten auch Carlos Aureds El Espanto surge de la tumba (Blutmesse für den Teufel, 1973) und León Klimovskys La Rebelión de las muertas (Die Rebellion der lebenden Leichen bzw. Blutrausch der Zombies, 1973), obwohl sich hier die Zombieaktivitäten eher in Grenzen halten.

            Und dann war da noch eine kanadische Produktion namens Corpse Eaters (1974), die nach ihrem Autokinoeinsatz völlig in der Versenkung verschwand (*) und die heute kaum mehr jemand kennt. Schlappe sechsunddreißigtausend kanadische Dollar soll der in Sudbury, Ontario, gedrehte Film gekostet haben, geschrieben und produziert vom blutjungen Drive-In-Besitzer Lawrence Zazelenchuk, der für die Regie Donald R. Passmore anheuerte, diesen nach vier Tagen feuerte und durch Klaus Vetter ersetzte. Die Fassung, die mir vorliegt (anscheinend die längste, die "überlebt" hat), läuft eine knappe Stunde und ist wohl nicht komplett. Ähnlich wie Ivan Reitmans Cannibal Girls (Cannibal Girls - Der Film mit der Warnglocke, 1973) bedient sich auch Corpse Eaters eines Gimmicks, um zartbesaitete Zuschauer vor allzu blutrünstigen Szenen zu warnen. Auf der Tonspur erklingt ein sogenannter "Warning Buzzer", während man auf dem Bildschirm einen älteren Kinobesucher sieht, der mit Brechreiz kämpft und angewidert in sein Taschentuch würgt. Tatsächlich möchte ich gar nicht ausschließen, daß dem einen oder anderen, der die gut gemeinte Warnung ignorierte, übel wurde, schließlich tun die Zombies in Corpse Eaters das, was man von ihnen trotz des irreführenden Titels erwartet: Sie fressen Menschen. Die Splatter-Szenen sind recht happig ausgefallen (offenbar arbeitete man mit echten Innereien aus der Fleischerei), hinterlassen allerdings nicht sonderlich viel Eindruck, da die dilettantische Szenenausleuchtung ebenso sehr zu wünschen übrig läßt wie die schlampige Kameraarbeit. Der Look und das Make-Up der lebenden Toten ist hingegen gut gelungen; ein echter Jammer, daß man von ihren vermoderten Gesichtern so wenig zu sehen bekommt.

            Auch mit seinem dämlichen Plot macht Corpse Eaters keinen Stich. Der Film beginnt im Happy Hallo Funeral Home, biegt dann völlig unerwartet zu zwei jungen Pärchen ab, die erst ein bißchen herummachen (eine der Frauen macht sich sogar nackig und läßt ihre Brüste mit Bier begießen), die dann aber, gepeinigt von Langeweile, einen Friedhof aufsuchen und in einer Gruft eine Séance abhalten (wer vertreibt sich auf diese Weise nicht hin und wieder die Zeit?), woraufhin die Toten aus ihren Gräbern steigen und über sie herfallen. Schließlich verlagert sich das Geschehen in ein Krankenhaus, wo der große Showdown stattfindet, da auch dieses Gebäude bereits zombieverseucht ist. Autor Zazelenchuk hantiert ungeschickt mit den Zeitebenen und schreckt auch nicht davor zurück, die wenig aufregende Handlung mit einer sehr langen Alptraumszene aufzulockern. Am Ende gibt es dann einen heftigen Twist, der die eh schon konfuse Story noch ein gutes Stück wirrer macht. Über die technische Seite gibt es nicht viel zu sagen; in dieser Hinsicht bewegt sich der Streifen in etwa auf dem Niveau von Herschell Gordon Lewis zu Blood Feast-Zeiten. Die schauspielerischen Darbietungen sind leider auch keinen Deut besser. Der implizierte Inzest sorgt zumindest für große Augen, während die Ohren entweder durch nettes Klaviergedudel verwöhnt oder von mißtönenden Geräusch-Kakophonien malträtiert werden. Abgesehen von ein paar gelungenen Szenen, stimmungsvollen Kameraeinstellungen und dem mitunter saftigen Gekröse ist der düstere und völlig ernst angelegte Corpse Eaters kaum der Rede wert, zumal sich auch der Unterhaltungswert stark in Grenzen hält. Somit ist diese kanadische Kuriosität nur aus historischer Sicht interessant.

            (*) Mit Corpse Eaters hat sich Lawrence Zazelenchuk gewissermaßen einen Traum erfüllt. Der Besitzer des 69 Drive-In an der Route 69 in Sudbury wollte seinen eigenen Horrorfilm erschaffen, den er in seinem Autokino zeigen konnte und der seiner jungen Kundschaft hoffentlich gefiel. Quasi ein Horrorfilm von einem Horrorfilmfan für Horrorfilmfans. Ob der Streifen damals bei den Zuschauern gut angekommen ist, ist mir nicht bekannt. Jedenfalls lief das Werk einige Zeit im 69 Drive-In, bis Zazelenchuk die Filmrechte an einen Amerikaner verkaufte, in der Hoffnung, daß Corpse Eaters auch außerhalb seines Heimatlandes gesehen werden konnte, nicht ahnend, daß er damit das Grab für sein Herzensprojekt schaufelte. Denn der Amerikaner hatte kein Interesse daran, den Streifen zu veröffentlichen, da er ihn nur als Steuerabschreibung erwarb. Damit verschwand Corpse Eaters für lange Zeit von der Bildfläche. Nach dieser Enttäuschung sattelte Zazelenchuk um und versuchte sich als Hotelier in Florida, wo sein Alkoholproblem prächtig gedieh. Er starb im Alter von nur sechsunddreißig Jahren.
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              Revenge Is Her Middle Name
              USA 2011 - Written & Directed by Anthony Matthews



              Falls es das Ziel von Drehbuchautor und Regisseur Anthony Matthews gewesen ist, einen widerlichen Film zu drehen, dann ist ihm das mit Bravour gelungen. Alles an Revenge Is Her Middle Name ist abstoßend. Die Stadt, in welcher der Film spielt (gedreht wurde in Pittsburgh, Pennsylvania). Die Wohnungen, in denen die Figuren hausen. Die Figuren selbst, der Bodensatz des White Trashs. Die Sprache, mit der sie kommunizieren. Der Umgang miteinander, ihr generelles Verhalten. Der Look des Filmes. Einfach alles. Hier gibt es keine Sympathieträger, bloß Figuren, denen man im realen Leben niemals begegnen möchte. Abgefuckte Drogensüchtige, häßliche Prostituierte, schmierige Gangster. Selbst die Polizisten haben was so Unappetitliches an sich, daß man ihnen lieber aus dem Weg geht. Hier regiert der Abschaum. So sehr, daß man sich selbst bald schmutzig fühlt und sich nach einer heißen Dusche sehnt. Wäre Matthews talentiert, hätte er aus diesem nihilistischen, sich in menschlichem Elend suhlenden Konzept vielleicht sogar etwas machen können. So wirkt das unsägliche Ergebnis auf mich wie eine lustlos hingerotzte, saft- und kraftlose Provokation, welche statt zu schockieren einfach nur furchtbar langweilt.

              Im Mittelpunkt der Geschichte steht Kat (Lissa Brennan), eine solch ungustiöse Person, daß ich sie nicht mal mit einer Kneifzange anfassen würde. Kat geht auf den Strich, ist ein Junkie und lebt zusammen mit dem ebenfalls drogensüchtigen Dolph (Michael Todd Schneider) in einer abgeranzten Bude. Trotz der nicht gerade vielversprechenden Zukunftsaussichten will Kat unbedingt ein Kind haben und wird auch schwanger, was selbst ihrer Freundin Marilynn (Paula Bellin) schwer fällt zu verstehen. Um zu etwas Geld zu kommen bringt sie Dolph dazu, den Dealer und Zuhälter Mutton Chop (Douglass Bell) auszurauben. Nach gelungenem Überfall läßt Kat ihren Freund fallen und setzt sich ab. Doch einige Monate später spüren Mutton Chop und seine Leute die mittlerweile hochschwangere Frau auf und geben ihr Saures. Kat wird verprügelt, von allen der Reihe nach vergewaltigt, und zum Drüberstreuen verpaßt man ihr noch eine Ladung Heroin tief in den Babybauch. Kat überlebt das Martyrium und lechzt nach Rache. In einem gelungenen Film würde man mit der Frau mitleiden und sie anfeuern, aber nicht bei Revenge Is Her Middle Name. Hier wünscht man der Protagonistin die Krätze an den Hals, so sehr verabscheut man diese fürchterliche Unperson.

              Ich habe selten einen Film gesehen, der auf mich häßlicher und abstoßender gewirkt hätte. Dieses Machwerk ist so zutiefst unsympathisch, daß es fast schon körperliche Schmerzen verursacht. Diese gewaltige Antipathie in Bezug auf den Film und auf die Figuren ist allerdings auch das einzige, was man hier spürt, denn ansonsten scheitert Anthony Matthews auf sämtlichen Ebenen kläglich. Selbst die diversen Brutalitäten - und davon gibt es einige - sind so schlapp und lahm in Szene gesetzt, daß ihre mögliche Wirkung völlig verpufft. Sogar üble Gewaltspitzen wie eine On-Screen-Kastration (der Unglückliche steckt sein bestes Stück durch ein Glory Hole) und die Vergewaltigung einer Hochschwangeren lösen keinerlei Gefühle aus, so erbärmlich kraftlos und träge sind sie inszeniert. Muß man noch erwähnen, daß auch die schauspielerischen Darbietungen (mit Ausnahme der Hauptdarstellerin) grottig sind, daß eine Dramaturgie überhaupt nicht vorhanden ist und daß die Kameraführung auf unterstem Niveau angesiedelt ist? Ich denke nicht. Das Beste am Film sind noch die Softcore-Schnipsel von einigen unbekannten 70er-Jahre-Pornos, die - warum auch immer - an einigen bestimmten Stellen eingefügt wurden. Wer nach dem Bodensatz des Genres sucht, wird hier fündig.
              Phantasmagorien aus den unaussprechlichen Abgründen des Wahnsinns
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                La nuit des traquées
                (Nacht der Gejagten / The Night of the Hunted / Night of the Hunted)

                Frankreich 1980 - Written & Directed by Jean Rollin



                Durch Zufall begegnet Robert (Alain Duclos) eines Nachts, Nahe eines Waldstückes, der ziellos herumirrenden Elisabeth (Brigitte Lahaie). Die nur mit einem Nachthemd bekleidete Frau scheint verwirrt und verstört, und als sie ihn bittet, er solle sie doch mitnehmen, setzt er sie in sein Auto und bringt sie in seine Wohnung. Beide wissen nicht, daß ihnen aus dem Dunkel des Waldes eine nackte Frau, Véronique (Dominique Journet), nachsieht und verzweifelt fleht, sie bitte nicht allein zu lassen. Robert bemerkt rasch, daß Elisabeth große Probleme mit ihrem Gedächtnis hat und sich an fast gar nichts mehr erinnern kann, was ihn aber nicht davon abhält, mit der attraktiven Frau zu schlafen. Am nächsten Tag, als Robert bei der Arbeit ist, bekommt Elisabeth Besuch von Dr. Francis (Bernard Papineau) und seiner Assistentin Solange (Rachel Mhas), welche sie überzeugen, mit ihnen nach Hause zurückzukehren. Elisabeths Zuhause entpuppt sich als modernes Hochhaus, in dem sie und ihre zahlreichen Schicksalsgenossen, darunter auch ihre Freundin Véronique, in kargen Appartements untergebracht sind. Niemand scheint sich zu bemühen, den verlorenen Menschen, die hier quasi gefangen gehalten werden, zu helfen. Und so fassen Elisabeth und Véronique den Entschluß, erneut einen Fluchtversucht zu wagen.

                La nuit des traquées ist eine etwas zwiespältige Angelegenheit. Einerseits mag der billigst produzierte Streifen - auf den ersten Blick zumindest - nicht so recht in Rollins Oeuvre passen, andererseits ist die Handschrift des Franzosen stark genug, sodaß man gar nicht erst auf den Gedanken kommt, jemand anderes könnte diesen Film gedreht haben. Auf alle Fälle ist es eines von Rollins ungewöhnlichsten Werken, in erster Linie natürlich aufgrund des Schauplatzes. Der überwiegende Teil von La nuit des traquées spielt in einem unansehnlichen Betonklotz in Paris, einem Hochhaus, das aufgrund seiner dunklen Farbe alles andere als einladend ist. So düster es von außen wirkt, so unangenehm kalt wirkt es von innen. Es fühlt sich an wie ein stillgelegtes Krankenhaus, in dem die Patienten mehr oder weniger sich selbst überlassen wurden. Es gibt bewaffnete Wächter, die verhindern sollen, daß die hier einquartierten Menschen in die Außenwelt gelangen, und es gibt mit Dr. Francis auch so etwas wie einen Arzt, doch eine Hilfe ist dieser Mann nicht. Tatsächlich erinnert dieser Doktor aufgrund seiner kaltschnäuzigen, emotionslosen und undurchschaubaren Art stark an den von William B. Davis gespielten "Krebskandidaten" aus der TV-Serie The X-Files (Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI).

                Nach eigenen Angaben schrieb Jean Rollin das Drehbuch an einem Tag, und für die Umsetzung stand ihm lediglich das Mini-Budget zur Verfügung, das üblicherweise für einen Pornofilm reserviert ist. Auch einige der Darstellerinnen wurden aus Sexfilmkreisen rekrutiert, allen voran natürlich die am 12. Oktober 1955 geborene Brigitte Lahaie, ihres Zeichens eine der populärsten Erotikstars Frankreichs, mit der Rollin bereits bei Les Raisins de la mort (Foltermühle der gefangenen Frauen, 1978) und Fascination (1979) zusammenarbeitete. Hier vertraute er ihr die Hauptrolle an, und sie dankte es ihm mit einer ihrer besten und einfühlsamsten Darbietungen. Ihre subtile, zurückhaltende und doch zu Herzen gehende Performance ist mitverantwortlich dafür, daß La nuit des traquées diese starke Wirkung erzielt und als Ganzes so gut funktioniert. Lahaie macht das Dilemma, in dem sich ihre Figur Elisabeth befindet, für das Publikum nicht nur nachvollziehbar, sondern sogar spürbar. Der ständige Verlust des Gedächtnisses, das wie Sand durch ihre Finger rieselt, der damit einhergehende Identitätsverlust, die daraus resultierende Verlorenheit und Einsamkeit, all das bringt Lahaie mit viel Gefühl und glaubhaft zum Ausdruck. Sie trägt den Film auf ihren Schultern, und sie schwankt keine Sekunde unter der Last.

                Ihre Kolleginnen agieren hingegen durchwachsen. Während Dominique Journet als Véronique vor allem mit ihrer herzzerreißend traurigen Ausstrahlung punktet, kann Cathy Stewart (aka Catherine Greiner) nicht gänzlich überzeugen. Und das ist umso bedauerlicher, da ihre Catherine eine Art Schlüsselfigur ist, nicht nur aufgrund ihres gräßlichen Endes (die paar Gore-Effekte sind gut umgesetzt), sondern auch, weil es sie am härtesten getroffen hat. Neben den üblichen Symptomen der mysteriösen Krankheit hat sie auch Probleme mit der Motorik. So kann sie zum Beispiel nicht essen, weil sie den Löffel mit ihrer Hand nicht adäquat zum Mund führen kann, woraufhin Elisabeth einspringt und sie füttert. Diese Sequenz ist eine ziemlich heikle und problematische Gratwanderung, die Gefahr läuft, beim Publikum falsch anzukommen. Einerseits geht die ganze Szene sehr zu Herzen, andererseits ist Stewarts Spiel so unbeholfen, daß die berührende Stimmung ins Komische abzudriften droht. Wesentlich besser schlägt sich da schon Natalie Perrey, die davon überzeugt ist, eine Tochter zu haben, diese jedoch vergessen hat. Und so helfen ihr Elisabeth und Véronique, indem sie sich spontan einige Dinge über die Tochter ausdenken, denn zumindest das können sie in ihrer mißlichen Lage tun: Erinnerungen füreinander erfinden.

                Wie bei Rollin nicht anders zu erwarten, entfaltet sich die Geschichte, die aufgrund des Settings und der ausweglosen Stimmung einige Parallelen zu David Cronenbergs Shivers (Parasiten-Mörder, 1975) aufweist, sehr langsam und bedächtig. Erst im letzten Viertel des Filmes wird offenbart, was genau es mit dieser schrecklichen Erkrankung auf sich hat und wodurch sie verursacht wurde. Die Stimmung ist zappenduster und deprimierend, trotz des leicht surrealen Flairs und der irgendwie traumhaften Aura, welche die von Jean-Claude Couty präzise eingefangenen Bilder oft umweht. Gegen Ende verlagert sich das Geschehen in ein heruntergekommenes Eisenbahnabstellgelände, wo Rollin auf die eh schon niederschmetternde und bedrückende Atmosphäre noch einen draufsetzt. Da kommt es dann zu solch grausamen Aktivitäten, daß man unweigerlich an die Vernichtungslager der Nazis denken muß, was für einen dicken, fetten Kloß im Hals sorgt. Das bewegende Ende hat trotz der tristen Hoffnungslosigkeit etwas zutiefst Poetisches und etwas quälend Eindringliches an sich, was durch das traurige Gitarrengezupfe noch verstärkt wird. La nuit des traquées ist Jean Rollins düsterstes und deprimierendstes Werk, dessen unendlich traurige, von Verlust und Leid geschwängerte Stimmung den Zuschauer auch nach Filmende noch einige Zeit begleitet.
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                  Crowhaven Farm
                  USA 1970 - Directed by Walter Grauman



                  Unverhofft erben Ben (Paul Burke, Valley of the Dolls) und Maggie Porter (Hope Lange, Death Wish) eine alte Farm in Brampton, Massachusetts, nachdem der ursprünglich Begünstigte auf dem Weg dorthin tödlich verunglückt ist. Die Freude ist da natürlich groß, vor allem bei Ben, der sich gleich mit Eifer an die Arbeit macht. Bei Maggie hingegen schleichen sich rasch Zweifel ein, ob die Erbschaft wirklich der Glücksfall ist, der er zu sein scheint. Sie weiß Dinge über das Farmhaus, die sie eigentlich nicht wissen kann und hat verstörende Visionen und Träume, in denen eine Meute altmodisch gekleideter Dörfler eine hilflose Frau quälen, indem sie eine auf ihr liegende Holztüre mit vielen großen Steinen beschweren. Als sie erfährt, daß es hier vor etwa dreihundert Jahren einen praktizierenden Hexenkult gegeben haben soll und auch einige Satansanbeter hingerichtet wurden, trägt das nicht gerade zu ihrer Beruhigung bei. Dann nehmen sie ein zehnjähriges Mädchen namens Jennifer (Cindy Eilbacher) bei sich auf, da deren schwerkranke Tante zur Untersuchung nach Boston muß. Die Frau kehrt jedoch nicht mehr zurück - sie hat nach der Diagnose offensichtlich Selbstmord verübt -, und so kümmern sie sich weiter um das arme Kind, das sich hier sofort wie zu Hause fühlt. Maggie hat in Bezug auf die Kleine ein immer unguteres Gefühl, und wie sich bald herausstellen soll, trügt sie dieses nicht.

                  Walter Graumans Crowhaven Farm ist ein für das amerikanische Fernsehen produzierter Film (Aaron Spelling hatte als ausführender Produzent seine Finger im Spiel), der ein immer wieder gern genommenes Gruselmotiv aufgreift und nicht ungeschickt variiert: Die üble Vergangenheit, die ihre Finger nach der Gegenwart ausstreckt und zur Bedrohung für die Protagonisten wird. Eine alte Schuld soll beglichen werden, oder, mit den Worten einer Figur: "What is unfinished, must be finished." John McGreeveys stark von Roman Polanskis Rosemary's Baby (1968) beeinflußtes Drehbuch nimmt sich Zeit, die Figuren zu charakterisieren und die Geschichte langsam aufzubauen. In der Ehe der Porters kriselt es, nicht zuletzt, weil es mit dem Kinderwunsch einfach nicht klappen will. Maggie ist mit Kevin Pierce (Lloyd Bochner, Mr. No Legs), befreundet, einem notorischen Casanova, was dem eifersüchtigen Ben überhaupt nicht gefällt. Der wiederum hofft auf seinen Durchbruch als Maler, was ihm manchmal wichtiger zu sein scheint als seine Frau. All diese Dinge spielen im weiteren Verlauf der Handlung eine Rolle. Die Schauspieler agieren passabel (in einer Nebenrolle ist der finster guckende John Carradine (Shock Waves) zu sehen), ohne groß zu glänzen. Leider schafft es Hope Lange nicht, beim Zuseher Gefühle für ihre Figur zu wecken, weshalb einem ihr Schicksal nicht wirklich berührt.

                  Eine besondere Erwähnung verdient Cindy Eilbacher (Slumber Party Massacre II) als Jennifer, die ihre Figur so subtil spielt, daß man bei ihrem Anblick tatsächlich Unbehagen empfindet. Sie sieht aus, als könne sie kein Wässerchen trüben, aber hinter ihrer engelhaften, unschuldigen Fassade lauert ein Biest, das spürt man sofort. Eigentlich weiß man es sogar, da zu Beginn zu sehen ist, daß sie am "Unfall" des ursprünglichen Erben nicht unbeteiligt war. Crowhaven Farm punktet mit einer hübsch düsteren Stimmung, die sich durch den gesamten Film zieht und die sich bis zum Ende hin noch verdichtet. Die Auflösung ist zufriedenstellend, aber der große Aha-Effekt bleibt aus; eher runzelt man die Stirn, da dem Ganzen doch eine etwas konfuse Note anhaftet. Einige Momente stechen aus dem insgesamt eher durchschnittlichen TV-Film hervor. Die Visionen haben eine unheimliche Qualität, das Benehmen der Dorfbewohner beunruhigt, und die Sequenz, in der Maggie des Nachts einem traurigen Kinderweinen nachspürt, welches plötzlich in dämonisches Gelächter umschlägt, ist richtig gut gelungen. Dem gegenüber stehen allerdings das dünne Handlungsgerüst, die an Seifenopern gemahnende Figurenkonstellation und ein paar irritierende Zeitsprünge, die für Verwirrung sorgen. Für Freunde von stimmigen, wenngleich milden Grusel-Mystery-Dramen ist Crowhaven Farm dennoch einen Besuch wert.
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                    El Mascarado Massacre
                    (Wrestlemaniac - El Mascarado Massacre / Wrestlemaniac / Death Mask)

                    USA 2006 - Written, Directed & Edited by Jesse Baget



                    Alfonse: "What the fuck happened to his fucking face? Oh shit!"
                    Steve: "His face is gone, dude."
                    Alfonse: "Where is his fucking face?"
                    Steve: "It's El Mascarado, dude. He took his face off."
                    Alfonse: "What?"
                    Steve: "That's what Mexican Wrestlers do when they win a fight. They rip their opponent's mask off. It's the ultimate humiliation."


                    Um bei den Olympischen Spielen 1984 gegen die übermächtige Konkurrenz eine Chance zu haben, griffen die Mexikaner einst tief in die Kiste mit den schmutzigen Tricks. Ganz unten, am schleimigen Boden, wühlten sie herum, jede Spur von Fairness, Würde, Ehre und Menschlichkeit bei der blindwütigen Gier nach Gold mit Verachtung strafend. Und so erschien aus dem Nichts El Mascarado (Rey Misterio Sr.) auf der Bildfläche, ein Ungetüm von Wrestler, scheinbar unbesiegbar. Es entstand das Gerücht, daß er von genialen Wissenschaftlern im Labor geschaffen wurde, zusammengesetzt aus Teilen der drei besten Ringer des Landes, die spurlos verschwunden waren. Doch dann geschah das Unvermeidliche. El Mascarados Gehirn hielt dem Ganzen nicht stand und verfiel dem Wahnsinn. Die maskierte Kreatur rastete im Ring völlig aus, tötete all ihre Gegner und ließ sich nicht mehr bändigen. Um die Schmach möglichst effizient unter den Teppich zu kehren, zog man El Mascarado aus dem Verkehr und verfrachtete ihn in ein Wüstenkaff "in the middle of no-fucking-where", das alsbald entvölkert war und sich in die Geisterstadt La Sangre de Dios verwandelte. So geht die Legende.

                    Wie es der Zufall so will, macht der Van einer Gruppe junger Leute just einen Steinwurf von La Sangre de Dios entfernt schlapp. Die sechs Männer und Frauen - Alfonse (Adam Huss), Steve (Jeremy Radin), Jimbo (Zack Bennett), Dallas (Leyla Milani), Debbie (Margaret Scarborough) und Daisy (Catherine Wreford) - waren auf dem Weg nach Mexiko und haben sich natürlich verfahren. Also machen sie das Beste aus der Situation und entscheiden sich dafür, ihren geplanten Amateurporno gleich hier in der Geisterstadt zu drehen. Das freut den dort immer noch hausenden El Mascarado natürlich sehr. Endlich gibt es wieder Frischfleisch, das er auseinandernehmen kann. Die Idee ist simpel und gut, die Ausführung im Rahmen der Möglichkeiten durchaus achtbar. Anstelle eines tumben Schlächters (Jason Voorhees), des personifizierten Bösen (Michael Myers) oder eines sprücheklopfenden Sadisten (Freddy Krueger) haben wir es hier mit einem durchgeknallten Super-Wrestler zu tun, der sich durch die Cast metzelt und die Masken seiner Opfer wie Trophäen sammelt. Und wenn keine Maske vorhanden ist, schält er dem Besiegten eben das Gesicht vom Schädel.

                    Jesse Bagets großes Vorbild für sein in Kalifornien gedrehtes B-Movie war allerdings weder Friday the 13th (1980) noch Halloween (1978) und schon gar nicht A Nightmare on Elm Street (1984), sondern ganz offensichtlich Tobe Hoopers Kultklassiker The Texas Chain Saw Massacre (Blutgericht in Texas, 1974). Die Parallelen beginnen schon beim Arbeitstitel (The Mexican Porn Massacre), reichen über die Figuren (insbesondere dem nervigen Nerd und dem kreischenden Final Girl) und dem creepy Tankstellenbesitzer (gespielt von Irwin Keyes, bekannt aus Filmen wie The Warriors, The Exterminator, Oblivion und House of 1000 Corpses), und enden ganz bestimmt nicht beim stummen, bulligen und bedrohlichen Killer, der es wie Leatherface auf die Gesichter seiner Opfer abgesehen hat, wenngleich aus anderweitigen Gründen. Ist die erste Hälfte des niedrig budgetierten Indie-Streifens noch recht locker, in einigen Momenten sogar beinahe parodistisch angelegt, so ist ab etwa der Mitte Schluß mit lustig, wenn El Mascarado der Gruppe demonstriert, was er so alles draufhat. Da werden Körper mit Händen und Füßen bearbeitet, Rücken gebrochen und Gesichter radikal entfernt.

                    Die Handvoll Gore-Effekte sind billig, handgemacht und nicht gänzlich überzeugend, aber sie hinterlassen ob ihrer rohen Brutalität durchaus Eindruck, insbesondere in Kombination mit der unerbittlichen Stimmung und dem unguten Gefühl der Abgeschiedenheit bzw. Ausweglosigkeit. Der Schauplatz des Filmes, das verlassene Wüstennest, ist natürlich Gold wert und wird auch gut genutzt. Die alten, halb verfallenen Gemäuer mit ihren verbarrikadierten Fenstern, die dunklen, engen Gassen, durch die der Wind das Lied des Wrestlemaniacs pfeift, das hat schon was Unheimliches an sich, unterstützt natürlich von der kargen Umgebung... außer Sand, Steinen und Kakteen gibt es da nicht viel. Sehr nett ist außerdem, daß sich der irre Killer an die Regeln des Lucha Libre hält, und der Vorspann im stimmigen Vintage-Look nebst coolem Mariachi-Song gefällt ebenfalls (der Soundtrack ist generell gut). El Mascarado Massacre ist eine kleine, dreckige, rotzige, dümmliche und trashig angehauchte Texas Chain Saw Massacre-Variante, welche nur eines im Sinn hat, nämlich den Schundfilmfans launige Kurzweil zu bescheren. Und in meinem Fall hat dies der Streifen auch problemlos geschafft.
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                      Vendetta dal futuro
                      (Paco - Kampfmaschine des Todes / Hands of Steel / Fists of Steel / Hands of Stone / Arms of Steel / Atomic Cyborg / Return of the Terminator)

                      Italien 1986 - Directed by Sergio Martino



                      Paco Queruak (Daniel Greene) ist ein Cyborg. Ein Mensch, dessen perfekt trainierter Körper nur noch zum Teil aus Fleisch und Blut, aus Knochen und Sehnen, aus Muskeln und Gehirn besteht. Nach einer schweren Verletzung, die ihm beinahe das Leben gekostet hätte, flickten ihn Ärzte und Wissenschaftler wieder zusammen und ersetzen dabei das beschädigte Gewebe (immerhin rund siebzig Prozent) durch bionische Technologie. Und bei der Gelegenheit hat man dem Mann auch gleich eine Gehirnwäsche verpaßt. Hinter dem dubiosen Projekt steckt Francis Turner (John Saxon), ein skrupelloser Industrie-Magnat, der einen lästigen Prediger (Franco Fantasia), der gegen ihn Stimmung macht, aus dem Weg räumen will. Und so steht Paco plötzlich vor dem blinden Mann, darauf programmiert, ihn mit seinen bloßen Händen - deshalb heißt der Film alternativ auch Hands of Steel, Fists of Steel, Hands of Stone und Arms of Steel - zu töten. Paco schlägt zu, und wo Paco hinschlägt, wächst kein Gras mehr. Dennoch überlebt der Prediger schwerverletzt, und Turner ist verständlicherweise not amused. Seine geniale Waffe hatte offensichtlich eine Fehlfunktion, die eigentlich nicht sein kann. Aus diesem Grund schickt er einige Männer los, um Paco zu finden und auszuschalten. Der hat sich inzwischen in Lindas (Janet Agren) billiger Absteige neben einer Wüstenstraße einquartiert, wo sich die Trucker (unter anderem Raul Morales, gespielt von George Eastman) gerne im Armdrücken messen. Bald ist die Kacke am Dampfen.

                      Ein italienischer Terminator-Verschnitt mit Daniel Greene (Kingpin), Janet Agren (Paura nella città dei morti viventi), George Eastman (Antropophagus), John Saxon (Enter the Dragon) und Donald O'Brien (Zombi Holocaust), inszeniert von Sergio Martino (I corpi presentano tracce di violenza carnale aka Torso) unter seinem Pseudonym Martin Dolman und mit einem so coolen wie eingängigen Synthesizer-Score von Claudio Simonetti (Tenebre)? Immer her damit! Vendetta dal futuro ist ein kleiner Kracher, vorausgesetzt natürlich, man hat ein Faible für grobe, trashige Italo-Action der Güteklasse B mit der Duftnote "Cheese". Martino und seine sechs Co-Drehbuchautoren beschränkten sich nicht nur darauf, das große Vorbild zu kopieren, sie griffen bloß die Grundidee auf und zimmerten daraus mit dem Holzhammer ihr eigenes Ding. Und so ist die Hauptfigur, Paco Queruak, auch keine tumbe Killermaschine, die alle, ohne dabei eine Miene zu verziehen, auslöscht, sondern so etwas wie eine Kreuzung aus zerstörerischem Terminator und beschützendem Kyle Reese, der von Michael Biehn gespielten Figur aus James Camerons Kultklassiker. In Paco stecken immer noch Gefühle, welche sein Handeln beeinflussen. Er kann noch wählen, und er wählt richtig. Als Linda, gespielt von der am 6. April 1949 im schwedischen Landskrona geborenen Janet Agren, in sein Leben tritt und durch ihn in Gefahr gerät, entwickelt er Beschützerinstinkte, vielleicht sogar so etwas wie Liebe für die bildhübsche Damsel in Distress.

                      Daniel Greene mag nicht der größte Schauspieler auf diesem Planeten sein, aber der Paco ist ihm auf den Leib geschneidert, für diese Rolle wurde er geboren. Auf der einen Seite agiert er hammerhart und kompromißlos (er kann richtig toll böse gucken), auf der anderen zeigt er aber auch Schwäche und man merkt ihm an, daß er leidet, was besonders gut gegen Ende des Streifens umgesetzt wurde. Da kommen doch weit mehr Emotionen beim Zuschauer an, als man es bei Filmen wie diesem erwarten durfte. Die Handvoll, vor Testosteron fast überquellenden Armdrück-Matches fügen sich gut ins Geschehen ein, wohingegen die dystopischen Hintergrund-Elemente, wie z. B. der saure Regen, dem Film ein leicht apokalyptisches Flair verleihen. Grinsen muß man allerdings bei den primitiven Computersimulationen, die beim etwas unnötigen Subplot mit dem Polizisten und einer Ärztin zur Anwendung kommen; die sind mittlerweile hoffnungslos veraltet. Die vor atemberaubender Kulisse (bizarre Felsformationen in staubiger Wüstenlandschaft) in Arizona gedrehten Actionsequenzen sind kompetent in Szene gesetzt, hinterlassen jedoch einen bitteren Beigeschmack, da bei den Dreharbeiten Co-Star Claudio Cassinelli (Murderock - uccide a passo di danza) ums Leben kam, als der waghalsige (und ebenfalls verstorbene) Pilot mit dem Hubschrauber eine Brücke streifte und in den Canyon darunter abstürzte. Abgesehen davon ist Vendetta dal futuro der Glücksfall eines Italo-Rip-Offs, das prächtig unterhält und prima rockt.



                      Liebe Leser!
                      Aufgrund der Corona-Krise lege ich bis auf weiteres eine Pause ein.
                      Nicht, weil ich keine Lust mehr hätte, Filme zu gucken. Nein.
                      Sondern, weil ich im Moment keine Lust habe, auch darüber zu schreiben.
                      Wir lesen uns wieder, hoffentlich bald.
                      Bis dahin, seid vorsichtig und bleibt gesund!
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