Hier das komplette Interview:
Markus Link (Filmfreunde):
Wie verläuft eine FSK Prüfung im einzelnen, wie hoch ist der Kostenfaktor für den Anbieter und wie wird bei einer Ablehnung der Freigabe verfahren (Neueinreichung etc)?
Folker Hönge:
Pro Tag werden circa 3 Spielfilme pro Arbeitsausschuss in der FSK geprüft.
Ständig sind 2-3 Arbeitsausschüsse mit jeweils 7 Personen in der Prüfung tätig. Ein 90 Minuten Spielfilm kostet den Anbieter circa 1250,- €. Dieses Geld wird für den verwaltungsinternen Ablauf der Prüfungen, d.h. die technische Ausstattung oder auch die Reisekosten für die Prüferinnen und Prüfer verwendet. Überschüsse werden am ende des Jahres an die Antragsteller anteilig wieder ausbezahlt.Die Neueinreichung eines Filmes ist durch eine geänderte Fassung möglich.
ML:
Aus wie vielen Personen setzt sich ein Prüfungsgremium zusammen?
FH:
Das Prüfgremium besteht aus 7 Personen
ML:
Sollte ein Film beanstandet werden, wie verläuft das Prodezere? Finden Gespräche mit dem Anbieter statt um evtl. Alternativen zu erötern welche eine Kürzung vermeiden würden?
FH:
Selbstverständlich erfährt der Antragsteller auf Anfrage beim Vorsitzenden
die Gründe, die zu einer bestimmten Freigabe geführt haben. Den schriftlichen Jugendentscheid, in dem diese Gründe aufgeführt sind, erhält er ebenfalls.
ML:
Wie sehen Sie die JK Thematik? Die JK gab in der Vergangenheit einige Filme frei denen die FSK ein Siegel ab 18 verwehrte, wie ist Ihre Meinung dazu?
FH:
Da die Juristenkommission nichts mit der FSK zu tun hat, wenden sie sich
bitte hierzu an die SPIO.
ML:
Das Thema "Harry Potter" sorgte jüngst für einigen Unmut unter den Filmfreunden, glauben Sie das einige Einzelszenen den Kontext und die Wirkung des Filmes derart abschwächen das der Film in der nun gekürzten Form weniger erschreckend wirkt, und wie stehen sie den lieberaleren Freigaben im europäischen Umland gegenüber. Sind unsere Kinder anders als z.B. in England und deshalb besonders schutzbedürftig?
FH:
Die Begründung für die Freigabe des Films "Harry Potter" ist auf der Homepage der FSK nachzulesen.(Anmerkung hier zu finden) Bezüglich der sogenannten liberaleren Freigaben in anderen EU-Ländern, möchte ich darauf hinweisen, dass ausgenommen in Frankreich die Freigaben in den allermeisten Fällen keine
großen Abweichungen aufweisen.
ML:
In einigen FSK 18 geprüften Titeln werden immer wieder Kürzungen vorgenommen, in wie weit betrifft Jugendschutz Erwachsene, so das Titel, welche von vornherein für ein erwachsenes Publikum konzipiert wurden, auch von Schnittauflagen betroffen sind? Sollten erwachsene Filmkonsumenten nicht selbst entscheiden was sie sehen und was nicht?
FH:
Bei Filmen die mit einer Freigabe "Nicht unter 18 (achtzehn) Jahren versehen sind, dürfen keine Schnittauflagen laut FSK-Grundsätzen gemacht werden. Hierzu verweise ich auf meinen Artikel in der Zeitschrift TV-Diskurs vom Oktober 2002 "Mythos und Realität - Anmerkungen zum Thema Schnitte im Film" (Homepage http://www.fsk.de) (Anmerkung : der genannte Artikel ist hier zu finden)
Ergänzung hierzu:
Die FSK kann einen Film zur Freigabe ab 18 ablehnen wenn er gegen §2 der FSK Grundsätze verstösst (übermäßige Gewaltorientierung, etc..) In diesem Fall wird der Anbieter über die Ablehnung informiert. Er kann dann entweder die JK konsultieren um den Film auf Unbedenklichkeit im Sinne des §131 prüfen und mit einem JK Siegel versehen zu lassen, oder den Film ungeprüpft veröffentlichen. Sollte er eine FSK 18 wünschen kann er eine neu-bearbeitete Fassung einreichen, diese muss er aber selbst erstellen, die FSK darf grundsätzlich keine Vorgaben für diese Alterskennzeichnung machen.
FSK Grundsätze §2:
"§ 2 der FSK-Grundsätze regelt die "Richtlinien für die Prüfung der Filme und Bildträger". Die FSK hat die im Grundgesetz geschützten Werte, insbesondere die verfassungsmäßige Ordnung und das Sittengesetz (Art. 2 Abs. 1 GG) sowie die in Art. 5 GG eingeräumte Freiheit der Kunst zu beachten. In diesem Rahmen darf kein Film oder Bildträger
1. das sittliche oder religiöse Empfinden oder die Würde des Menschen verletzen, entsittlichend oder verrohend wirken oder gegen den grundgesetzlich gewährleisteten Schutz von Ehe und Familie verstoßen, im besonderen brutale und sexuelle Vorgänge in übersteigerter, anreißerischer oder aufdringlich selbstzweckhafter Form schildern;
2. die freiheitlich demokratische Grundordnung gefährden oder die Menschenrechte oder Grundrechte mißachten, im besonderen durch totalitäre oder rassenhetzerische Tendenzen;
3. das friedliche Zusammenleben der Völker stören und dadurch die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu anderen Staaten gefährden, imperialistische oder militaristische Tendenzen fördern oder das Kriegsgeschehen verherrlichen oder verharmlosen."
ML:
Warum veröffentlicht die FSK nicht, ähnlich der BBFC, Prüfungsentscheide und evtl. Schnittauflagen damit sich interessierte informieren können? Glauben Sie nicht das öffentliches Interesse an diesen Informationen besteht und dieses die Arbeit der FSK etwas transparenter gestalten würde?
FH:
Die Jugendentscheide der FSK werden den Mitgliedern der Grundsatzkommission,
den Antragstellern und den Obersten Landesjugendbehörden zugestellt. Bei schriftlichen Anfragen z.B. von Eltern, legen wir in unserer Antwort allerdings die Argumente dar, die zu einer bestimmten Freigabe geführt haben.
ML:
Wie stehen sie zu den angedachten Reformen des Jugendschutzes?
FH:
Ich halte die Novellierung des Gesetzes zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit für notwendig, gerade auch hinsichtlich der gesetzlichen Alterskennzeichnung von Computerspielen.
ML:
Wie wird man Prüfer bei der FSK?
FH:
Die Prüferinnen und Prüfer der Öffentlichen Hand werden von den betreffenden Stellen wie z.B. Kirchen, Bundesjugendring, Länder Ministerien benannt. Die Prüferinnen und Prüfer der Film- und Videowirtschaft haben sich bei der Geschäftsstelle der FSK beworben
.
ML:
Ihr persönlicher Lieblingsfilm?
FH:
Varietas delectat: Es macht immer wieder Spaß, neue gutgemachte Filme zu sehen